Gradtagszahlen für die Wärmelastberechnung
Gradtagszahlen spielen bei der energetischen Bewertung und Heizlastberechnung eine wichtige Rolle. Auf dieser Seite finden Sie eine kurze Einführung in die Thematik der Gradtagszahlen.
Was sind Gradtagszahlen?
Gradtagszahlen sind ein Maß, um den Heiz- oder Kühlbedarf eines Gebäudes zu quantifizieren. Sie werden auf Basis von Messungen der Außenlufttemperatur berechnet. Gradtagszahlen stehen etwa in einem linearen Zusammenhang mit dem Bedarf, der zum Heizen oder Kühlen eines Gebäudes benötigt wird. Auch für die Witterungsbereinigung oder zur Abschätzung des jährlichen Wärme- oder Kältebedarfs eines Gebäudes werden Gradtagszahlen eingesetzt.
Heizgradtage
Heizgradtage werden relativ zu einer Heizgrenztemperatur und einer Innenraumtemperatur bestimmt. Die Heizgrenztemperatur beschreibt die minimale Außenlufttemperatur, bei der das Gebäude keine Heizenergie benötigt, um die Raumtemperatur zu halten. Die Anzahl der Heizgradtage ist die Summe aller Temperaturdifferenzen zwischen der Tagesmitteltemperatur der Außenluft und der Innenraumtemperatur für alle Tage, bei denen die Tagesmitteltemperatur der Außenluft unterhalb der Heizgrenztemperatur liegt. Dies kann formelmäßig wie folgt ausgedrückt werden: $$HGT = \sum_{i=1}^{365} T_{innen} - \bar{T}_{i,Luft},~\mathrm{wenn}~\bar{T}_{i,Luft} < T_{HGT}$$ Graphisch ist die Berechnung der Heizgradtage in Abbildung 1 dargestellt. Die Heizgradtage entsprechen der Fläche zwischen dem Lufttemperaturprofil und der Heizgrenztemperatur (hier 15 °C).

Land/Region | Heizgrenztemperatur |
---|---|
Europäische Union | 15,5 °C |
Dänemark | 17 °C |
Finnland | 17 °C |
Schweiz | 12 °C |
USA | 18,3 °C |
Bei der Berechnung von Gradtagszahlen sind die Heizgrenztemperatur und die Innenraumtemperatur die entscheidenden Parameter. Während die Innenraumtemperatur oftmals in guter Näherung mit 20 °C abgeschätzt werden kann, ist die Heizgrenztemperatur schwieriger zu bestimmen. In einschlägigen Normen werden oftmals Richtlinien zur Wahl der Heizgrenztemperatur definiert (vergleiche Tabelle 1). Allerdings ist die Heizgrenztemperatur nicht für alle Gebäude gleich und hängt insbesondere von der individuellen Gebäudenutzung und vom Dämmstandard ab. Die Differenz zwischen Heizgrenztemperatur und Innenraumtemperatur ist ein Maß für den Wärmeeintrag durch innere Wärmegewinne im Gebäude und solare Einstrahlung. Wären diese beiden Effekte nicht vorhanden, wäre die Heizgrenztemperatur identisch mit der Innenraumtempertur. Besonders hohe innere Wärmegewinne, beispielsweise in einem stark belegten Büro mit hohen Abwärmeströmen von technischen Anlagen (Computer, Beleuchtung), führen zu einer niedrigeren Heizgrenztemperatur. Die Heizgrenztemperatur variiert daher streng genommen auch zeitlich, abhängig von den momentanen inneren Wärmegewinnen sowie solaren Einstrahlungsverhältnissen.
Kühlgradtage
So wie Heizgradtage eine Aussage zum Wärmebedarf eines Gebäudes machen, erlauben Kühlgradtage Aussagen zum Klimatisierungsbedarf eines Gebäudes. Hier beschreibt die Kühlgrenztemperatur die maximale Außenlufttemperatur, bei der ein Gebäude keine Kühlenergie benötigt, um die Raumtemperatur zu halten. Analog zu den Heizgradtagen, beschreibt die Anzahl der Kühlgradtage die Summe der Temperaturdifferenzen zwischen der Tagesmitteltemperatur der Außenluft und der Innenraumtemperatur für alle Tage, bei denen die Tagesmitteltemperatur der Außenluft oberhalb der Kühlgrenztemperatur liegt. Formelmäßig wird dies wie folgt ausgedrückt: $$KGT = \sum_{i=1}^{365} \bar{T}_{i,Luft} - T_{innen},~\mathrm{wenn}~\bar{T}_{i,Luft} > T_{KGT}$$ Für den Standort Almería (Spanien) ist die Berechnung der Kühlgradtage in Abbildung 1 graphisch dargestellt. Die Kühlgradtage entsprechen der Fläche zwischen dem Lufttemperaturprofil und der Kühlgrenztemperatur (hier 17 °C).

Quellen
- Spinoni J., Vogt J., Barbosa P. 2015: European degree-day climatologies and trends for the period 1951–2011. In: International Journal of Climatology 35 (1): 25–36. DOI: 10.1002/joc.3959.
- VDI 2067
- VDI 3807
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