Fallstudie: Kalte Nahwärme (Anergienetz)
In dieser Fallstudie wird ein Quartier mit Wärme- und Kältebedarfen durch ein kaltes Nahwärmenetz versorgt. Der gesamte Planungsprozess kann im nPro-Tool durchgeführt werden: von der Bedarfsberechnung über die Rohrdimensionierung bis hin zur Auslegung der Wärme- und Kälteerzeuger in der Energiezentrale.
Quartier
Es wird eine Wärmeversorgung für ein Quartier mit 16 Gebäuden in Freiburg im Breisgau (Stadtteil Ebnet) geplant. Für die Simulation werden Wetterdaten des Standorts Freiburg im Breisgau verwendet.

1. Schritt: Ermittlung der Wärme- und Kältebedarfe
- Gebäudestandard:
- KfW 55
- Wärmequelle/Energiezentrale:
- Geothermiesonden
- Raumwärme- und Trinkwarmwasserbedarf:
- Deckung mittels Sole-Wasser-Wärmepumpen aus dem kalten Nahwärmenetz
- Spitzenlast:
- Deckung mittels Heizstäben der Wärmepumpen
- Wärmepumpen:
- Berechnung mittels COP-Kennfeldern, die in nPro für verschiedene Wärmepumpen-Hersteller hinterlegt sind
- Kältebedarf:
- Deckung mittels Wärmeübertrager (passiv) 🡪 Einspeisung der Abwärme ins Wärmenetz
- Strom:
- Berücksichtigt wird: Betriebsstrom der dezentralen Wärmepumpen
- Nicht berücksichtigt in dieser Fallstudie: Nutzerstrom (z. B. für Beleuchtung) und Elektromobilität
Jahresprofile mit stündlicher Auflösung sind entscheidend für die Quartierauslegung, da zeit- und saisonabhängige erneuerbare Quellen (hier Photovoltaik) genutzt werden sollen.

2. Schritt: Rohrdimensionierung
Für die Auslegung mit dezentralen Pumpen gelten folgende Annahmen:
- Maximale Förderhöhe: 80.000 Pa
- Druckverluste aufgrund von Rohreinbauten: 25 %
- Wärmenetz: gerichtetes Wärmenetz
- Abwärmeeinspeisung: mit Temperaturspreizung von 5 K
Mit nPro lässt sich das gesamte Wärmenetz automatisch dimensionieren. In dieser Fallstudie werden für die Netzberechnung die in Abbildung 2 dargestellten Annahmen getroffen.

Abbildung 3 zeigt beispielhaft die Dimensionierung des Wärmenetzes nach dem Hinzufügen aller Gebäude zum Quartier. Nach Eingabe der Rohrparameter berechnet nPro nun die optimale Rohrdimensionierung für jeden Netzabschnitt für das passive kalte Wärmenetz.

Die Verteilung der verschiedenen Rohrdurchmesser lässt sich in nPro nicht nur kartografisch, sondern auch diagrammatisch darstellen, siehe Abbildung 4.

Nach der Dimensionierung und Simulation können die Ergebnisse in nPro dargestellt werden: In Abbildung 5 sind die Heizlasten die Heizlasten der Gebäude sowie die in den einzelnen Rohrabschnitten maximal auftretenden thermischen Leistungen dargestellt. Aufgrund der dezentralen Wärmepumpen sind die Leistungen in den Hausanschlussleitungen geringer als die Heizlasten der Gebäude.

Als Ergebnis der Netztemperatur-Berechnung lässt sich auch die Vorlauftemperatur des Wärmenetzes darstellen, siehe Abbildung 6.

3. Schritt: Last an Energiezentrale
nPro ermöglicht die Darstellung der Lastverläufe in stündlicher Auflösung von:
- allen Gebäuden des Quartiers, sowie
- der Energiezentrale.
Tabelle 2 zeigt die aus dem kalten Nahwärmenetz bezogene Wärme (bzw. Kälte) sowie den aus dem Stromnetz bezogenen Strom, der dem Betriebsstrombedarf der Wärmepumpen entspricht. Der Wärmebezug aus dem (kalten) Wärmenetz ist (hier mit 91 kW) geringer als die tatsächlichen Gesamt-Wärmebedarfe (hier mit 185 kW), da der Wärmebedarf des Wärmepumpe-Verdampfers geringer ist als die Wärmeleistung des Wärmepumpe-Kondensators.


Ausgleichseffekte von Wärme- & Kältebedarf
Liegen gleichzeitig Wärme- und Kältebedarfe vor, wird ein Abwärmefluss bei der Kältebereitstellung (Wärmeübertrager) berücksichtigt, der direkt am Verdampfer der Wärmepumpe genutzt werden kann. So können sich gleichzeitige Wärme- und Kältebedarfe teilweise ausgleichen. Dieser Ausgleichseffekt im Gebäude bzw. im kalten Nahwärmenetz wird von nPro automatisch bei der Berechnung stündlich aufgelöst berücksichtigt. In Abbildung 7 sind die Wärme- und Kältebedarfsprofile an der Energiezentrale abgebildet. In dieser Fallstudie werden keine Kältebedarfe berücksichtigt.
Von der Energiezentrale bis zu den Gebäuden kommt es zu Ausgleichseffekten zwischen Wärme- und Kältebedarfen, die die Kälteeinspeisung an der Energiezentrale verringern.

4. Schritt: Auslegung des Geothermiesondenfelds (Energiezentrale)
Das Geothermiesondenfeld soll für das vorliegende Quartier Wärme und Kälte für das kalte Nahwärmenetz bereitstellen. Die ideale PV-Modulfläche soll dabei durch den Optimierungs-Algorithmus ausgelegt werden.
Der durch die Simulation ermittelte Betrieb ist in Abbildung 8 und Abbildung 9 dargestellt. Die PV-Module erzeugen über das Jahr 32,7 MWh Strom. Damit können 28,5 % des benötigten Strombedarfs im Quartier erzeugt werden. Die CO2-Emissionen für dieses Quartier betragen 28,7 t pro Jahr.


5. Schritt: Simulation der Erdwärme-Sonden
Im detaillierten Auslegungsmodul für Erdwärmesonden können genaue Angaben zum Erdreich (z.B. Wärmeleitfähigkeit, volumetrische Wärmekapazität, Wärmestromdichte), zum Bohrloch (Bohrlochwiderstand, Bohrlochradius) und zu den Auslegungsrandbedingungen (z.B. Sondentiefe, Sondenabstand) hinterlegt werden, siehe Abbildung 10.
In den Berechnungsergebnissen ist ersichtlich, dass 24 Sonden mit:
- 25,8 W/m spezifischem Wärmeentzug
- 5 W/m spezifischer Wärmeeinspeisung
berechnet werden. Die minimale Temperatur am Sondeneintritt beträgt nach 50 Jahren in dieser Sondenfeldanordnung 0,6 °C.

Die Simulation der Erdwärme-Sonden ergibt schließlich einen detaillierten Jahresverlauf für die Temperaturen am Sondeneintritt (bzw. Wärmepumpenaustritt) und am Sondenaustritt (bzw. Wärmepumpeneintritt), siehe Abbildung 11.

Die Wärmebilanz lässt sich auch über einen längeren Zeitraum – z.B. von 50 Jahren – darstellen, siehe Abbildung 12. In dieser Fallstudie ist ein Absinken der Temperaturen über die Zeit zu erkennen, da das untersuchte Energiesystem über das Jahr mehr Wärme aus dem Boden entzieht, als es durch den natürlichen Nachfluss von Wärme oder durch aktive Regeneration (z. B. durch passive Kühlung) im Sommer zurückführt.
Dieser jährliche Wärmeentzug überwiegt, wodurch sich der Boden langfristig abkühlt. Eine ausgewogene Wärmebilanz und damit eine langfristige Effizienz der Wärmepumpen kann sichergestellt werden über:
- eine optimierte Dimensionierung des Systems
- gezielte Rückspeisung von Wärme (z. B. durch passive Kühlung oder Solarthermie)
- eine regelmäßige Überwachung der Wärmeentnahme- und Rückspeiseraten

6. Schritt: Bewertung der Wirtschaftlichkeit
Mit nPro lässt sich die Wirtschaftlichkeit des Energiesystems mit kaltem Wärmenetz bewerten. Abbildung 13 zeigt die Wirtschaftlichkeitsauswertung.
Die Jahressumme setzt sich zusammen aus den jährlichen Nettoausgaben für das Energiesystem, siehe Abbildung 13, einschließlich:
- Investitionen (z. B. Bau des kalten Wärmenetzes, Anschaffung der Wärmepumpen),
- Ersatzinvestitionen (z. B. Austausch von Komponenten nach Ablauf ihrer Lebensdauer),
- laufende Betriebskosten (z. B. Wartung, Energiebezug),
- sonstige jährliche Kosten (z. B. Steuern, Gebühren).
Der Kapitalwert zeigt die kumulierte finanzielle Bewertung des Projekts über die Jahre hinweg. Er berücksichtigt:
- Anfängliche Investitionen,
- jährliche Kosten, sowie
- zukünftige Einsparungen oder Einnahmen, abgezinst auf den Betrachtungshorizont.

Unter der Rubrik Kennzahlen in Abbildung 14 lassen sich z.B. der Kapitalwert am Ende des Betrachtungszeitraums (hier das Jahr 2045) und die Amortisationsdauer ablesen.

Unter Investitionen in Abbildung 15 werden die Einzelaufstellung der Investitionen und einmaligen Erlöse (einmalige Anschlussgebühren) aufgeführt.

nPro ermöglicht eine transparente Bewertung der Wirtschaftlichkeit des Energiesystems durch systematische Analyse und Visualisierung aller relevanten Kosten, Erlöse und langfristigen wirtschaftlichen Effekte. Dies unterstützt Entscheidungsträger bei fundierten Investitionsentscheidungen und der Sicherung der langfristigen Rentabilität des Projekts.
Video-Tutorial zu kalter Nahwärme
Ein ausführliches Video-Tutorial zur Berechnung kalter Nahwärmenetze finden Sie hier:
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